Lesen Sie auch jeden Tag so viel? Blog- und Zeitungsartikel, Bücher, White-Paper, … Und denken Sie sich auch oft: „Das ist ja eine interessante Information, die sollte ich mir merken“?
Und falls es Ihnen so geht wie mir, Nadja, haben Sie mehr als die Hälfte der Dinge, die Sie über den Tag gelesen haben, am Abend schon wieder vergessen.
Oder die andere Variante: Sie haben sich die Informationen und/oder Ihre Ideen dazu auf einen Zettel notiert – doch wenn Sie den Zettel zwei Tage später wieder zur Hand nehmen, können Sie sich nicht mehr erinnern, was Sie damit gemeint haben. Schließlich ist der Zettel in Ihrer Hand nur einer von zig weiteren, die auf Ihrem Schreibtisch liegen.
Das ist ärgerlich. Nun müssen Sie noch einmal recherchieren, noch einmal lesen und hoffen noch einmal, eine gute Idee zu haben. Das ist ineffizient. – Oder, weil Sie diese Zeit nicht haben, schießen Sie die Idee einfach in den Wind. Das ist wiederum sehr schade.
Daher ist es auch fürs Schreiben im Beruf wichtig, ein funktionierendes System für Ihr Wissensmanagement zu haben. Das spart Zeit – und hilft, neue Ideen zu entwickeln und gut durchdachte Texte zu schreiben.
Vor einiger Zeit haben wir darüber geschrieben, nützlich Exzerpte sind, um bessere Texte zu verfassen. Heute stellen wir Ihnen eine andere Methode vor, wie Sie neu erworbenes Wissen sinnvoll organisieren und handhabbar machen: den Zettelkasten.
Die Methode des Zettelkastens geht zurück auf den Soziologen und Gesellschaftstheoretiker Niklas Luhmann (1927–1995). Neben seinen fundierten Theorien zeichnete Niklas Luhmann vor allem eines aus: sein unglaublicher Output an Büchern und Artikeln.
Luhmann schrieb mehr als fünfzig Bücher und mehrere hundert Aufsätze. Im Schnitt waren es im Jahr zwei Bücher und mehrere wissenschaftliche Aufsätze. Wer so schnell Wissen produziert, muss ein gut funktionierendes System haben, um dieses Wissen zu managen.
Wir zeigen Ihnen, wie Luhmanns System funktioniert und wie Sie es für sich nutzen können.
Luhmann baute sein Wissensmanagementsystem analog auf Karteikarten auf. Das klingt im ersten Moment vielleicht verstaubt, ist aber genial wirkungsvoll.
Dazu führte er zwei getrennte Karteikastensysteme: Die Informationen, die er aus den Quellen zog, schrieb er auf einen Zettel (Quellenzettel) und legte diesen in einem Kasten ab. Die Ideen, die er dadurch für seine weitere Arbeit bekam, im anderen. Quelle und Idee werden also getrennt verwaltet – und lassen sich so immer aufs Neue mit anderen Ideen und Quellen verknüpfen.
Heute gibt es selbstverständlich verschiedene Programme, die Ihnen helfen, das System digital zu führen; manche kostenlos, andere kostenpflichtig. Googeln Sie einfach mal nach „Zettelkasten Software“.
Sie können sich Ihren Zettelkasten allerdings auch ganz einfach digital bauen, indem Sie statt Karteikarten Text-Dateien anlegen und diese in zwei verschiedenen Ordnern speichern.
Wenn wir im folgendem von Karteikarten und -kästen sprechen, liegt das daran, dass wir zunächst einmal das System erklären – wie gesagt, es können auch Dateien sein.
Und so funktioniert‘s:
Auf dem Quellenzettel notieren Sie sich die Informationen und Auszüge aus dem Artikel oder dem Buch, das Sie gerade lesen, die Sie für wichtig und erinnerungswürdig halten.
Schreiben Sie dabei aber nicht einfach eine Passage ab, sondern geben Sie den Inhalt in Ihren eigenen Worten wieder. Halten Sie sich kurz; drei bis vier Sätze maximal.
Achtung! Dies ist KEIN Exzerpt. Sondern es geht um die Essenz einer Information, eines Gedankens. Wenn Sie merken, dass Sie mehr Platz brauchen, verbinden Sie vermutlich gerade mehrere Informationen miteinander. Teilen Sie die Informationen in kleinere Häppchen auf.
Der Quellenzettel ist auch NICHT dazu da, eine Zitatsammlung anzulegen. Aus dem Zusammenhang gerissen, können Sie mit den Zitaten meist sowieso nichts mehr anfangen.
Wenn Sie Zitate herausschreiben wollen, schreiben Sie ein Exzerpt und setzen Sie das Zitat auf diese Weise in den Kontext. Dann können Sie besser damit arbeiten.
Außerdem ist noch wichtig:
a) Schreiben Sie die Quellenangabe dazu: Autor:in, Titel, Erscheinungsjahr etc. Bei Webseiten kopieren Sie die URL und halten Sie fest, an welchem Datum Sie die Website besucht haben.
b) Nummerieren Sie Ihre Zettel oder Dateien durch. So können Sie sich – im nächsten Schritt – ganz leicht darauf beziehen. Was ich damit meine, erfahren Sie gleich. Ein Quellenzettel könnte dann so aussehen:
Jetzt kommt der Clou der Technik: der Ideenzettel.
Wir alle entwickeln beim Lesen ständig Ideen – und vergessen Sie nur allzu schnell. Daher: Notieren Sie sich die Ideen, die Ihnen beim Lesen einer Passage oder eines Artikels gekommen sind, auf einer separaten Karteikarte.
Lassen Sie sich dabei von Fragen leiten, etwa: Wie können Sie die Informationen für Ihr nächstes Schreibprojekt verwenden? Welche anderen Fragestellungen ergeben sich für Sie? Mit welchen anderen Themen, Ideen lässt sich Ihre Idee verbinden?
Notieren Sie sich außerdem, auf welchen Quellen-Zettel Sie sich beziehen. Hier kommen nun die Nummerierungen ins Spiel: Damit Sie nicht die ganzen Quellenangaben abschreiben oder umständlich noch einmal zusammenfassen müssen, auf welche Passage sich Ihre Idee bezieht, brauchen Sie nun einfach nur die Nummer der Karteikarte oder den Dateinamen zu notieren.
Nummerieren Sie auch die Ideenzettel oder -dateien durch. So können Sie sich ganz einfach auf andere Zettel beziehen, wenn Sie merken, verschiedene Ideen passen gut zusammen.
Der Sinn des Zettelkastens ist es sogar, möglichst viele Bezüge zu bereits bestehenden Ideen- und/oder Quellen-Zetteln zu finden. Außerdem hilft das Durchnummerieren beim Katalogisieren, das als nächstes ansteht.
Und so könnte ein Ideenzettel aussehen:
Die Karteikarten allein helfen Ihnen noch nicht dabei, die gesammelten Informationen und Ideen wiederzufinden. Dazu brauchen Sie nun Ihre Schlagwort-Liste.
Überlegen Sie sich, welche Schlagworte zu Ihrer Idee passen. Also z. B. #CO2-Kurve oder #Wirtschaftskrise. Sie können beliebig viele Schlagworte aussuchen. Versehen Sie Ihre Ideenzettel (und auch Ihre Quellenzettel) mit den passenden Schlagworten.
Natürlich können Sie sich nicht merken, auf welchen Zetteln Sie welches Schlagwort finden werden. Daher brauchen Sie nun ein System, in dem Sie die Schlagworte notieren. Eine Excel-Liste ist hierfür gut geeignet.
Sie können zum Beispiel in einer Spalte das Schlagwort notieren und in einer anderen Spalte listen Sie die Nummern der Zettel auf, die das Schlagwort enthalten. So finden Sie die passenden Zettel auf einen Blick. Sie sehen also sofort, dass Sie Ihre Ideen und Verknüpfungen zum Thema #Wirtschaftskrise auf den Zetteln oder in den Dateien 4, 7, 8 und 13, 17, 24 finden.
Mit der Zeit wird es natürlich eng in den Spalten. Wenn irgendwann 1.500 Ideen unter einem Schlagwort stehen, finden Sie sich wahrscheinlich nicht mehr zurecht.
Hier helfen aber die Bezüge, die Sie auf den Karteikarten oder in den Dateien notiert haben. Von Ihrer Idee auf Zettel Nr. 4 werden Sie direkt zu Ihrer Idee auf Zettel Nummer 34 verwiesen, hier finden Sie wieder einen Verweis auf Zettel Nr. 7 und auf Zettel Nr. 49 – immer auch mit den entsprechenden Verweisen zu Ihren Quellenzetteln.
So haben Sie immer, wenn Sie zu einem Thema etwas schreiben möchten, bereits ein Netz an Ideen.
Das System braucht ein wenig Disziplin – vor allem die Verschlagwortung, ohne die es nicht funktioniert. Wenn Sie sich aber angewöhnt haben, Informationen und Ideen dazu getrennt aufzuschreiben und Ihre Excel-Liste mit den Schlagworten dazu pflegen, erleichtert Ihnen dies, Ihr gesammeltes Wissen auch parat zu haben, wenn Sie es für Ihre Texte brauchen.
Probieren Sie es aus und schreiben Sie uns, wie Sie Ihre Ideen und neues Wissen organisieren. Wir sind gespannt!
Herzlichst,
Nadja Buoyardane und Franziska Nauck