Von Franziska Nauck

Protokolle schreiben Teil 3: Aussagen wiedergeben in der indirekten Rede

Ein wichtiger Punkt zum Protokollschreiben liegt mir noch am Herzen: die indirekte Rede. Diese kommt in der letzten wesentlichen Phase zum Tragen, das heißt beim Ausformulieren der Mitschriften.

Zwar haben wir festgestellt, dass in einem Kurzprotokoll Redebeiträge häufig einfach zusammengefasst und nicht einzelnen Redenden zugeordnet werden. In diesen Fällen benötigen wir den Konjunktiv nicht.

Beispiel:

„Die Anwesenden einigen sich auf eine Erhöhung des Marketingbudgets für 2019 um fünf Prozent.“

Aber manche Aussagen sind eben doch relevant genug, um im Einzelnen wieder­gegeben und dem Redner zugeordnet zu werden. Oder vielleicht zählen ausführliche Verlaufsprotokolle zu Ihren Aufgaben. – Hier ist dies ohnehin die Regel.

Deshalb zur Sache: warum indirekte Rede? Mit der indirekten Rede formulieren Sie, was jemand in einer Sitzung geäußert hat. Die indirekte Rede steht im Konjunktiv. – Na, rumort es da schon in der Magengrube? Werden dunkle Erinnerungen an längst vergangene Deutschstunden wach? Wie war das noch? … Ich weiß, dass sich bei vielen an dieser Stelle ein Unbehagen breitmacht. In meinen Seminaren höre ich oft solche Kommentare: „Braucht man das denn wirklich? Klingt doch total abgehoben. Bei uns machen wir das so nicht.“

Der Konjunktiv schafft Distanz

Also alles bloß eine große Schikane der deutschen Grammatik? Um uns zu ärgern und das Schreiben unnötig zu erschweren? Nein, so ist es nicht. Der Konjunktiv hat seinen Sinn. Er schafft nämlich Distanz. Das heißt, er verdeutlicht, dass die oder der Protokollführende nicht der Meinung des Redenden ist, sondern lediglich wiedergibt, was dieser geäußert hat. Der Konjunktiv ist somit das sprachliche Werkzeug, mit dem die Neutralität des Protokollführenden umgesetzt wird. Und Neutralität ist die zentrale Eigenschaft jedes und jeder Protokollführenden.

Wie funktioniert das nun mit dem Konjunktiv? Ganz kurz zur Erinnerung: Der Konjunktiv ist die „Möglichkeitsform“ und unterscheidet sich vom Indikativ, der „Wirklichkeitsform“.

Einfaches Beispiel:

Indikativ Konjunktiv I
sie ist sie sei

In allen Protokollarten, außer im Gedächtnisprotokoll, schreiben wir durchgängig in der Gegenwart. Und für Aussagen in der Gegenwart wird der Konjunktiv I genutzt. Schauen wir uns das Verb suchen an und stellen wir die Formen des Konjunktiv I den Indikativformen gegenüber:

Indikativ Konjunktiv I
ich suche ich suche
du suchst du suchest
er/sie/es sucht er/sie/es suche
wir suchen wir suchen
ihr sucht ihr suchet
sie suchen sie suchen

Beim Protokollieren brauchen Sie – und das ist doch eine gute Nachricht – nur die dritte Person, Singular oder Plural. Sie müssen also nicht sämtliche Formen parat haben.

Nun gilt wiederum eine Besonderheit bei der Verwendung des Konjunktivs und diese führt regelmäßig zu Verwirrung. Damit soll von heute an Schluss sein:

Da es den Konjunktiv I gibt, muss es ja mindestens noch einen Konjunktiv II geben. Genauso ist es. Aber wann benötigen Sie den beim Protokollieren? Immer dann, wenn die Verbformen im Indikativ und Konjunktiv I übereinstimmen. Schauen Sie zurück in die Übersicht zum Verb suchen. In der dritten Person Singular unterscheiden sich Konjunktiv I und Indikativ: sie sucht vs. sie suche. In der dritten Person Plural hingegen sind die Formen identisch: sie suchen = sie suchen. Das bedeutet, Sie könnten mit dem Konjunktiv I die Distanz zum Gesagten nicht mehr deutlich machen.

Beispiel:

Frau Schillers Aussage in der Sitzung:

„Wir suchen dringend nach einer Lösung.“

Aussage im Protokoll mit Konjunktiv I:

„Frau Schiller betont, ihre Mitarbeiter suchen dringend nach einer Lösung.“

Da hier der Konjunktiv I gleichlautend mit dem Indikativ ist, wird stattdessen Konjunktiv II gesetzt:

„Frau Schiller betont, ihre Mitarbeiter suchten dringend nach einer Lösung.“

Die Tabelle bietet einen Überblick über die dritte Person Singular und Plural dieses und anderer häufig verwendeter Verben:

Infinitiv/Indikativ Konjunktiv I Konjunktiv II
suchen
er sucht er suche er suchte
sie suchen sie suchen sie suchten
haben
sie hat sie habe sie hätte
sie haben sie haben sie hätten
sein
es ist es sei es wäre
sie sind sie seien sie wären
können
er kann er könne er könnte
sie können sie können sie könnten
dürfen
sie darf sie dürfe sie dürfte
sie dürfen sie dürfen sie dürften

Sie sehen: Der Gleichklang von Konjunktiv I und Indikativ tritt nur in der dritten Person Plural auf und da auch nicht immer, beim unregelmäßigen Verb sein beispielsweise nicht. Sie können übrigens, wenn Sie unsicher sind, all diese Formen zu sämtlichen Verben unter www.duden.de nachschlagen.

Konjunktiv im Alltag

Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, dass der Konjunktiv in den Radio- und Fernseh-Nachrichten in derselben Funktion benutzt wird? Nämlich jedes Mal, wenn die Aussage einer Person, meistens von Politikern, wiedergegeben wird. Achten Sie mal darauf.

Ist Ihnen damit die Verwendung der indirekten Rede klarer geworden? Haben Sie vielleicht ein konkretes Beispiel, das wir für Sie bearbeiten sollen? Oder weitere Fragen zum Protokollführen? Dann schreiben Sie uns an: post@business-schreibkurse.de. Wir freuen uns auf Ihre E-Mail!

Herzlichst,

Franziska Nauck und Nadja Buoyardane

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