Von Franziska Nauck

Klarheit kommt vor Textwirkung – Fangen Sie mit dem ersten Schritt an!

Wir schreiben immer wieder darüber: Kommunikationsziel und Leserorientierung. Daher werden Sie jetzt vielleicht sagen: „Klar, kenn‘ ich. Setz‘ ich doch längst um.“

Sind Sie sicher? Wir merken nämlich immer wieder: Theoretisch ist das mit dem Kommunikationsziel und der Leserorientierung vielen klar. Doch in der Praxis sieht es anders aus.

Ein Beispiel aus unserer Coaching-Arbeit

Claus, der eigentlich anders heißt, ist Mitarbeiter einer Marketingagentur. Im Rahmen eines Schreibcoachings wollte er mit mir, Franziska, an einem Anzeigentext arbeiten: In der Anzeige stellte sich die Agentur auf knapp zwei Seiten vor: Was sie macht, was sie kann, wie sie sich entwickelt hat, mit wem sie vernetzt ist usw.

Zunächst ließ ich Claus seine Zielperson bestimmen und die wichtigsten Schreibwerkzeuge ausprobieren. Ergebnis: Alles klar, alles läuft.

Doch bei der Frage nach dem Kommunikationsziel klaffen auf einmal Claus‘ Antwort und die Aussage des Textes auseinander. Claus‘ erste Antwort, was das Kommunikationsziel des Textes sei, lautete: „Wir wollen den Lesern des Magazins unsere Themen nahebringen.“ Schön und gut, mir aber als Ziel zu unbestimmt, nicht stark genug.

Nach einigen Nachfragen formulierte Claus „Wir möchten mit unserer Anzeige Kooperationspartner gewinnen.“ – Oh! Darauf wäre ich bei der Lektüre des Textes nicht gekommen – es wurde darin mit keiner Silbe erwähnt.

Gleichzeitig freute ich mich, dass Claus zu dieser präzisen Aussage gekommen war und damit die Weichen für einen passgenauen Text gestellt hatte.

Danach sprachen wir noch über Wege zu einer stimmigen Textstruktur und schließlich über Regeln für einen guten, verständlichen Schreibstil.

Die 2. Fassung – kürzer, flüssiger, aber …

Einige Tage nach dem Coaching schickte mir Claus seine überarbeitete Fassung. Ich machte das Dokument auf und dachte: Das kommt mir doch so bekannt vor. Ich legte den Ursprungstext daneben und sah: Die Struktur war unverändert – alle Absätze waren noch da – nur kürzer und wesentlich leichter und flüssiger zu lesen.

Im Prinzip also besser. Nur: Das von Claus formulierte Kommunikationsziel „Wir möchten Kooperationspartner gewinnen“ kam weiterhin nicht heraus.

Das Kommunikationsziel kommt noch nicht raus: Warum?

Ich fragte Claus, wie er an die Sache herangegangen und wie zufrieden er mit dem Text sei. Er antwortete sinngemäß: Er habe zunächst meine sprachlichen Tipps und Stilregeln umgesetzt. Am Ende habe er dann versucht, noch einmal mit den Augen des Lesers auf den Text zu schauen und zu prüfen, ob die Botschaft ankomme. „Aber ehrlich gesagt, ist das noch nicht gelungen. Ich wusste nicht, wie ich es machen sollte.“

Hm! Claus hatte beim Überarbeiten einfach die Schritte 1 und 2 weggelassen – obwohl er selbst merkte, dass er den Text noch nicht auf das neu formulierte Kommunikationsziel ausgerichtet hatte. Er hatte sich sofort auf die Sätze und Wörter gestürzt und die Regeln für einen verständlichen Stil geschickt angewandt.

Ich hakte nach: Warum hatte er mit Schritt 3 begonnen? Warum hatte er nicht erst das Kommunikationsziel im Text herausgearbeitet? Wir hatten in der Coachingstunde zuvor besprochen, dass der Text dazu erheblich geändert werden müsste.

Claus‘ Antwort war wiederum sehr interessant: „Naja, eigentlich sind wir uns in unserem Team noch gar nicht so klar darüber, was alles zu unserem Angebot gehört und wie wir nach außen auftreten wollen.“

Ha! Da haben wir den springenden Punkt.

Sprachliche Regeln anzuwenden, ist relativ einfach, da dies bis zu einem gewissen Niveau recht schematisch vor sich geht: z. B. kürzere Wörter finden, lange Sätze kürzen, mehr Verben, weniger Substantivierungen, aktiver schreiben und so weiter.

Die Sache mit der Leserorientierung ist kniffliger. Hier geht es ans Eingemachte. Bevor Sie Ihren Text auf Ihr Kommunikationsziel ausrichten können, müssen Sie sich ganz klar sein, was Ihr Kommunikationsziel eigentlich ist. Was Sie also aussagen – und, vor allem, was Sie erreichen wollen.

Und genau deswegen hat Claus diese Schritte übergangen. Claus ist einfach seinen Text Satz für Satz durchgegangen und hat ihn rein sprachlich poliert – in der Hoffnung, dadurch würde der Text schon klarer werden.

Gewinnen Sie Klarheit: Wie positionieren Sie sich?

Diese Frage zu beantworten ist viel mehr als Schreibtechniken anzuwenden. Bohren Sie tief in Ihr Kommunikationsziel, bevor Sie anfangen, Ihren Text zu schreiben.

Oft ist das harte Arbeit. Da geht es nicht nur um das „Was (wir tun)“ und „Wie (wir es tun)“, sondern vor allem auch um das „Warum (wir tun, was wir tun)“ – und schließlich: warum wir diesen Text schreiben und mit welchem Ziel?

Was heißt das für Claus und seinen Text?

So hart es klingt: Den Text beiseitelegen und noch mal von vorn beginnen. Und dann die Schritte 1, 2 und 3 der Reihe nach gehen.

Claus muss noch einmal damit beginnen, das Ziel des Textes zu definieren. Sich im Team zusammensetzen, grundlegende Fragen beantworten und eine gemeinsame Linie finden.

Klar, das kostet Zeit und Mühe. Deshalb vermeiden wir es gern. Um aber etwas zu bewirken, um unsere Ziele zu erreichen, die Menschen zu erreichen und zu überzeugen, kommen wir nicht drum herum.

Denn: Klarheit bei sich selbst ist die erste Bedingung für wirkungsvolle Texte.

Bleibt als Aufgabe für Sie:

Schauen Sie doch einmal kritisch auf Ihren letzten längeren Text und beantworten Sie die Fragen: Wie konkret können Sie Ihr Kommunikationsziel benennen? Und wie gut erreichen Sie es mit dem Text?

Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen!

Herzlichst
Franziska Nauck und Nadja Buoyardane

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