Von Nadja Buoyardane

Desinformation – So entlarven Sie ihre Tricks. Teil 3: Falschaussagen ständig wiederholen

Heute kommen wir zu Teil 3 unserer Reihe zum Thema Desinformation: Wiederholungen.

Wiederholungen sind ein starkes rhetorisches Mittel. Sie verstärken das Gesagte oder Geschriebene.

Nehmen wir, zum Beispiel, die Anapher. Die Anapher ist ein Stilmittel, das uns ständig begegnet. Ein Stilmittel, das leicht anzuwenden ist; ein Stilmittel, das sich immer dann eignet, wenn Sie etwas besonders hervorheben wollen. – Haben Sie es gemerkt? Das war eine Anapher. Durch die Wiederholung bekommt die Beschreibung mehr Kraft.

Auch in der Werbung funktionieren Wiederholungen wunderbar. Sicher kennen Sie diese Radio-Werbung für eine schwäbische Müsli-Firma, die genau mit der ständigen Wiederholung des Markennamens spielt. Na, welches Müsli ist Ihnen eingefallen. Vermutlich das von S… Durch die ständige Wiederholung verankert sich der Name im Gedächtnis.

Wird etwas oft genug wiederholt, neigen wir dazu, es zu glauben

Wiederholungen programmieren unser Gehirn gleichsam auf das Wiederholte. Denn das Erste, was uns einfällt, wenn es um ein Thema geht, ist das, was oft genug wiederholt wurde. Was sonst machen wir, wenn wir etwas lernen wollen? Wir wiederholen es nur oft genug.

Und das macht Wiederholungen zu einem sehr effektiven Werkzeug der Desinformation.

Man muss eine Lüge nur oft genug wiederholen, dann wird sie auch geglaubt. Dieser Satz wird Joseph Goebbels zugeschrieben – ob er ihn gesagt hat, ist ungewiss; aufgeschrieben hat er ihn jedoch nicht.

Fakt ist: Goebbels war ein Meister der Lüge – hätte aber niemals öffentlich zugegeben, dass er lügt. Im Gegenteil: Er hat ständig wiederholt, nur er sage die Wahrheit, nur er kläre die Bevölkerung über die wahren Geschehnisse in der Welt auf. So oft, dass viele Menschen ihm geglaubt haben. Wer würde denn so dreist lügen?

Wir sehen es heute bei Donald Trump. Indem er immer und immer die gleichen Lügen wiederholt, gelingt es immer weniger Menschen zu unterscheiden, was nun wahr oder gelogen ist. Und so funktioniert das mit der Wiederholung als Mittel zur Desinformation: Wenn Sie etwas nur oft genug hören, werden Sie es irgendwann für wahr halten.

Ein Beispiel, das Sie bestimmt kennen: Fliegen sei gar nicht so klimaschädlich, wie oft angeführt wird

In der FAZ gab es seit Ende 2019 eine Reihe von Artikeln zum Klimaschutz, die jeweils einen anderen Aspekt im Fokus hatten – einmal ging es zum Beispiel darum, wie klimaschädlich das Streaming von Filmen und Videos ist; ein anderes Mal wurde die Klimaschädlichkeit der Modeindustrie beleuchtet.

Auffällig war, dass in beiden Texten als Vergleichswert immer dasselbe Thema auftauchte: Fliegen bzw. der Anteil des zivilen Luftverkehrs am Klimawandel. Und in beiden Vergleichen schnitt das Fliegen erstaunlich gut ab.

So war einmal explizit von nur 2 Prozent die Rede. Im anderen Fall hieß es:

„Am unmoralischsten im Zeitalter der Klimakrise scheint aber das Fliegen zu sein. Wer ein Flugzeug betritt, begeht scheinbar die Ursünde der postmodernen Konsumgesellschaft. Da fliegt das schlechte Gewissen automatisch mit, Stichwort Flugscham.

Eine der wirklich großen Klimasünden lauert allerdings woanders, dort, wo nur wenige Verbraucher welche vermuten dürften. Die Rede ist nicht vom Heizen, Essen, Stromverbrauch. Sondern vom Shoppen. Denn die Bekleidungs- und Textilindustrie verursacht mehr Emissionen als Fliegen und Schifffahrt zusammen, mehr als fünf Prozent der globalen Emissionen werden allein für neue Kleider verbraucht, Tendenz steigend.“*

Doch warum wurde bei zwei so völlig verschiedenen Themenbereichen ausgerechnet die Klimaschädlichkeit des Fliegens als Vergleichswert herangezogen? Ziel war, in beiden Fällen der Tatsache zu widersprechen, dass das Fliegen einen enorm schädigenden Einfluss auf das Klima hat. Wenn das bei so unterschiedlichen Themen also immer wieder auftaucht, dann wird es wohl so sein, dass Fliegen gar nicht so schädlich ist. Oder?

Durch die Wiederholung fangen wir an zu glauben, der Fokus auf das Fliegen sei übertrieben. Doch eine Quelle dafür, wo die 2 Prozent bzw. die Aussage, Shoppen sei viel klimaschädlicher als Fliegen, herkommen, ist nicht angegeben.

Wir haben etwas recherchiert und dabei eine sehr ähnliche Zahl auf einer Webseite des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. gefunden: https://www.klimaschutz-portal.aero/klimakiller-nr-1/

Hier heißt es:

„Fakt ist: Der Anteil der CO2-Emissionen der Luftfahrt am weltweiten CO2-Ausstoß beträgt 2,83 Prozent.“

Wenn man tatsächlich nur das CO2 berücksichtigt, dann mag diese Zahl stimmen. Aber eigentlich geht es ja um die Information, wie klimaschädlich die Luftfahrt ist. (Das führt uns zurück zu Teil 2 unserer Reihe „Äpfel und Birnen “).

Wenn es um die Klimaschädlichkeit des Fliegens geht, spielen neben CO2 weitere Substanzen eine Rolle, die beim Verbrennen von Kerosin entstehen: Stickoxide, Aerosole und Wasserdampf tragen ebenfalls zur Erwärmung der Erdatmosphäre bei. Diese Stoffe wirken sich in luftiger Höhe durch den nur langsamen Abbau stärker aus als am Boden und vergrößern den Treibhauseffekt entsprechend.

Dies wird aber verschwiegen. Stattdessen steht da immer die Zahl 2,83 Prozent. Die wiederum, zum Beispiel von Journalisten, aufgegriffen, und in diesem Fall auch noch sehr großzügig abgerundet – und, ja, sie ahnen es schon, ständig überall wiederholt wird.

Schauen wir uns hingegen einmal die Zahlen auf der Seite des Umweltbundesamtes an, sieht es ganz anders aus:

„Diese verschiedenen Effekte summieren sich derart, dass die Treibhauswirkung des Fliegens im Durchschnitt etwa zwei- bis fünfmal höher ist als die alleinige Wirkung des ausgestoßenen CO2.“**

Der Anteil beträgt damit also ca. 5 bis 8 Prozent. Das ist schon wesentlich mehr. Yup, schon schneidet das Fliegen gar nicht mehr so gut ab …

Zum Schluss noch etwas

Falls es Ihnen nicht schon oben aufgefallen ist: Ausgerechnet der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e. V. betreibt eine Webseite mit dem Namen: https://www.klimaschutz-portal.aero/.

Doch sind die Zahlen, die von einem Interessenverband herausgegeben werden, wirklich neutral? Wie das Beispiel oben gezeigt hat: Nein. Der Name klingt aber so, als würde man sich um Klimaschutz kümmern. Das lässt die Angaben auf der Website gleich vertrauenswürdiger klingen …

Dringende Bitte:

Auch wenn Sie immer wieder dieselben Informationen in bestimmten Medien lesen – die Wiederholung allein macht sie nicht automatisch wahr. Schauen Sie genau auf die Quellen, auf die Belege und darauf, welche Interessen dahinter stecken könnten.

Herzlichst,

Nadja Buoyardane und Franziska Nauck


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